Aufgegabelt im Engel Rodersdorf
Mein Freund, der Martin Jenni, schreibt viel und gern über Essen, Trinken und sonstige lukullische Genüsse und Entdeckungen. Viele dieser Eindrücke verarbeitet er dann journalistisch fein abgeschmeckt und gerührt, aber nie geschüttelt, zu einem Beizen-Führer der etwas anderen Art: «Aufgegabelt» heisst das Werk, das jährlich aufdatiert, jeweils im Spätherbst neu erscheint. Halt so wie GM&Michelin – nur etwas weniger etepetete aber auch mit Auszeichnungen für die Jahresbesten der Besten.
Als Jahres-Beizen-Bester durfte das Ecluse aus Biel auftischen. Gar kunstvoll angerichtete Teller mit Randen, Geissenkäsemousse, oder Seehecht, Sellerie etc, Gnocchi Gruyère und Eigelb, Charolais Kuhbrust mit Winterspinat (gibt’s den auch im Frühling?) und abschliessenden Zwetschgen und Feigenblatt-Eis – welch ein Reigen. Begleitet und nicht wirklich ergänzend wurde das Ganze von Natur und Orange-Weinen – halt getreu dem Motto der quasi unbedingten Nachhaltigkeit.
Eine fachkundige Dame aus dem Ecluse-Umfeld bezeichnete diese Weine als «zurück zum Ursprung». Das mag wohl so sein, denn die Ursprünge des Weines führten zu deren Weiterentwicklung und Schönung. Offenbar wussten die ursprünglichen Weine schon dannzumal nicht vollends zu verzücken, wieso sonst hätten Rebbauern, Winzer und Kellertechniker soviel in deren Verbesserung investiert? Wieso also neuerdings zurück zum Ursprung? Wohl halt einfach, weil es hipp ist – und wehe man kommentiert dies kritisch – oder sagt gar, dass manche (oder die meisten…) dieser Weine einfach nur schlecht schmecken – dann geht gleich die «du kommst nicht draus» in Schuldsetzung los – man sagt dem auch wokeism. Seis drum, ich habe da keine Berührungsängste. Wein muss schmecken – und über Geschmack lässt sich streiten – wieso sonst wird darüber so viel geschrieben?
Die Ausgezeichneten und deren Gefolge feierten sich selbst und einen vergnüglichen Sonntag-nachmittag. Sogar Ruedi Trefzer gab sich die Ehre und interviewte Laura und Sandro Bianchin vom Ecluse zu deren Werdegang und Konzept und wenn sie nicht gestorben sind, dann trinken, geniessen und feiern sie noch heute – oder so.
PS: Fast vergessen hätte ich die herrliche Mortadella und Co. feinst berkelgeschnitten und serviert von Giulia und Francesco vom Stefanlli in Muttenz.
Superlässig: Der Engel in Rodersdorf – muss man kennen! (Jenni fragen)
Wiederkehren: Unbedingt und immer gerne!